Synthetische Kraftstoffe

Wie gut läuft’s bei synthetischen Kraftstoffen?

„Die Wasserstoffwirtschaft kann ein Wachstumsmotor sein,“ prophezeit Frans Timmermans, zuständiger Exekutiv-Vizepräsident der Kommission. Damit ist eigentlich schon gesagt, was der Verbraucher über die Mobilitätswende weiß oder zumindest gehört hat: Die E-Mobilität allein wird es nicht richten.

Zum einen ist die Reichweite der E-Fahrzeuge für viele noch ein Hindernis, zum anderen ist es die fehlende Eignung für Lastentransporte. Als Alternative, um die vorhandene Infrastruktur, aber auch die Fahrzeugflotte vollumfänglich weiter nutzen zu können, bieten sich so genannte synthetische Kraftstoffe an.

Welche Typen von synthetischen Kraftstoffen gibt es?

E-Fuels sind aus Wasserstoff und CO2 erzeugter Treibstoff. Sofern die Erzeugung von H2 mit erneuerbarem Strom erfolgt, können E-Fuels als klimaneutral gelten.

X2L Kraftstoffe verwenden anstelle von Erdöl andere Rohstoffe. Weil wir die Klimaneutralität des Treibstoffs als Bedingung voraussetzen, beschränken wir uns
in dieser Betrachtung auf Biomasse als Ausgangsstoff. Diese Kraftstoffe tragen die Bezeichnung B2L, die gängigsten davon sind Methanol und Ethanol, aber auch Biodiesel der 2. Generation zählt hier dazu.

E-Fuels werden aus Wasserstoff und CO2 unter Anwendung der Fischer-Tropsch-Synthese erzeugt. Zurzeit ist eine erste großtechnische Anlage in Norwegen geplant, die 2023 mit einer Jahresleistung von 10 Mio. Litern in Betrieb gehen soll. Bereits 2026 soll ein Upscaling auf 100 Mio Liter erfolgen. Hinter diesem Projekt, das den Namen Norsk e-fuel trägt, steht ein von Sunfire, Climeworks und Paul Wurth getragenes Industriekonsortium.

Der Energieaufwand zur Herstellung von E-Fuels – und damit auch der Preis – ist zur Zeit noch sehr hoch. Mit der Erzeugung von relevanten Mengen in industriellen Ausmaßen wird der Preis jedoch auf ein erschwingliches Maß sinken. Anvisiert wird ein Erzeugerpreis von 1,2 Euro/Liter.

Eine weitere Großanlage plant gerade das Unternehmen Velocys in England. Als Co-Investoren mit an Bord sind British Airways und Shell, die auch als Abnehmer des Treibstoffes fungieren. Bei dieser Anlage wird Hausmüll synthetisiert und im Fischer-Tropsch-Verfahren zu Kerosin und Diesel umgewandelt. Die Anlage soll aus 500.000 to Müll 75 Mio. Liter Diesel produzieren.

Darüber hinaus gibt es weltweit einige Anlagen im Versuchsstadium, die hauptsächlich mittels dreier Verfahren Diesel oder auch Öl produzieren.

1. Pyrolyse: Neben der bereits erwähnten Fischer-Tropsch-Synthese wird bei den weitaus meisten Anlagen Pyrolyse als wichtigster Verfahrensschritt eingesetzt. Hier wird in erster Linie versucht, aus Kunststoffabfällen Diesel oder ein dieselähnliches Mitteldestillat herzustellen.

2. Depolimerisationsverfahren: Als erfolgsversprechend in Bezug auf die Verwendung von Bio-Abfällen oder Biomasse gilt das Depolimerisationsverfahren. Dabei werden langkettige Kohlenwasserstoffe gespalten. Auch hier kann als Ausgangsstoff Kunststoff, aber auch Biomasse, eingesetzt werden. Mögliche Anwendungen reichen vom chemischen Recycling für Kunststoffabfälle bis zur Produktion von hochwertigem Diesel und Kerosin aus Biomasse.

3. Projekt ReOil: In Österreich sticht ein Team der OMV mit dem Projekt ReOil hervor, das seit 2018 eine 100kg/h-Anlage in Schwechat betreibt. Dabei werden aus 100 kg Kunststoff 100 Liter Öl erzeugt. Aus diesen 100 Litern SynÖl wird in weiterer Folge wieder Kunststoff (chemisches Recycling) oder Diesel gewonnen. Partner für dieses Projekt ist die ebenfalls in Schwechat ansässige Borealis.

Bei diesem Verfahren ist, ähnlich wie bei den E-Fuels, die Menge des erzeugten Kraftstoffes um ein Vielfaches höher als bei herkömmlichen, erdölbasierten Produkten. Aber auch hier wird kein Weg an der Politik vorbeiführen: Sie muss entsprechende Rahmenbedingungen setzen, damit diese Verfahren marktfähig werden können. Denn in der Praxis werden sich diese Verfahren erst dann etablieren, wenn die Kosten mit jenen herkömmlicher Produkte konkurrieren können. Trotz großindustrieller Anlagen wird auf absehbare Zeit der Preis von Erdölprodukten niedriger bleiben als jener von synthetischen Kraftstoffen.

Wie der Weg in eine Zukunft mit synthetischen Kraftstoffen aussehen könnte, zeigt ausgerechnet die USA, in letzter Zeit nicht unbedingt als klimafreundliches Land bekannt. Hier gibt es sogenannte RINs und LCF-Zertifikate, die bares Geld für die Erzeuger von Co2-freundlichen oder Co2-neutralen Kraftstoffen bringen. So erhält ein Produzent von Cellulosic Diesel bis zu 8 Dollar/Gallone, was einem Preis von 2,16 Dollar oder umgerechnet 1,8 Euro entspricht. Mit diesem Preis lassen sich auch zum jetzigen Zeitpunkt bereits einige Anlagen wirtschaftlich betreiben.

Speziell für Österreich würde Diesel aus Biomasse enorme Vorteile bringen. Da Österreich reich an Biomasse ist und die Holzproduzenten seit Jahren mit verschiedenen, negativen Umwelteinflüssen (Borkenkäfer, Windwurf) zu kämpfen haben, könnte damit aktiv gegen den Preisverfall im Holzmarkt vorgegangen werden. Denn der Anlage ist es letzten Endes egal, wie das Holz aussieht. Es kommt rein auf den C-Eintrag an.

Die Umwelteffizienz zeigt folgende Vergleichsrechnung:

Ein Liter Diesel erzeugt beim Verbrennen ca. 2,6 kg CO2 (CO2 wiegt mehr als Diesel, weil anstelle des leichten Wasserstoffes schwerer Sauerstoff ans C gebunden wird – vereinfacht erklärt).

Eine 80-jährige Buche „verbraucht“ ca. 12,5 kg CO2/Jahr. Diese Buche hat eine Trockenmasse von ca. 600 kg (Stamm, Wurzeln, Äste, Blätter) und speichert ca. 1000 kg CO2.

Unsere Buche hat also ein Fahrleistungs-CO2-Äquivalent von 384,6 Liter Diesel, d. h. man kann bei einem Verbrauch von 6 Litern/100 km damit 641 km fahren.
Bei einer Fahrleistung von 15.000 km/Jahr bleiben also ganze 23 Buchen auf der Straße– bezogen auf den CO2-Verbrauch.

Nun könnte man aber aus 600 kg Buche ca. 380-400 l Diesel erzeugen. Und genau hier wäre der Kreislauf geschlossen: Wir würden damit exakt die gleiche Menge CO2 ausstoßen, die der Baum gespeichert hat.

Wir fahren also zu 100% klimaneutral 🙂

1 Quelle: Dr. Daniel Klein vom Wald-Zentrum der Universität Münster